Der Deckakt und die Befruchtung – ob von Menschenhand zusammengeführt oder selbstgewählt – haben stattgefunden. Neues Leben beginnt! Ab diesem Zeitpunkt gibt es viele Faktoren, die auf das kleine embryonale Wesen im Uterus der Hündin Einfluss nehmen. So wissen wir heute, dass sich jegliche Stressfaktoren oder weitere ungünstige Umwelteinflüsse negativ auf die Trächtigkeit und damit auch auf das noch ungeborene Wesen auswirken können. Dazu gehören körperlich stressende Faktoren, wie Schmerzen oder Krankheiten, genauso wie emotional aufwühlende Ereignisse oder Veränderungen durch die hormonellen Entwicklungen des Muttertieres. Der Umzug in ein anderes Heim, Verletzungen, Infektionen oder traumatische Erlebnisse durch Verlust eines Mitlebewesens sind nur einige der Beispiele, die Hündinnen belasten können.
Solch belastende Phasen während der Trächtigkeit oder auch während der Geburt führen bei vielen Hunden rückblickend zu einer allgemein schlechteren Immunabwehr, mangelnder Stressresistenz, fehlender Frustrationstoleranz oder anderer Schwierigkeiten wie etwa Asymmetrien im Körperbau die schlussendlich zu Erkrankungen wie HD führen können. Dass einige Welpen bei der Geburt bereits „normal“ und andere hingegen schwächer entwickelt sind, lässt sich unter anderem auf Kriterien wie etwa das Deckdatum zurück führen. Die durchschnittliche Trächtigkeitsdauer beträgt 63 Tage (+-). Eine Schwankungsbreite ergibt sich dadurch, dass Deck- und Befruchtungsdatum nicht zwingend ident sein müssen. Spermien können bis zu 7 Tagen im Uterus befruchtungsfähig bleiben, und die Hündin lässt sich auch oftmals über mehrere Tage decken. Damit lässt sich auch der oftmals vorhandene Entwicklungsunterschied bei den Welpen erklären. Selbst bei komplikationsloser Geburt sind manche dieser Hundekinder oftmals krankheitsanfälliger als andere.
Die Gesundheit und damit auch Fütterung* der Hündin während der Trächtigkeit ist von besonderer Bedeutung für die Entwicklung der Welpen. Beispielsweise bringen fettleibigere Hündinnen kleinere Würfe zur Welt als schlankere (?). Reduzierte Anteile an Kohlehydrate und Eiweiß während der Trächtigkeit können sich nachteilig auf die Energiereserven der Welpen auswirken und damit zu einer erhöhten Sterblichkeit führen. Dies ist ein nicht zu unterschätzender und wichtiger Faktor, da in sehr vielen Hundekreisen immer öfter eine kohlehydratfreie Fütterung propagiert wird. Ebenso wichtig ist ein optimal funktionierender Hormonstoffwechsel der Hündin. Störungen im Stoffwechsel von Neurotransmittern wie Dopamin und Serotonin können sich nachteilig auf die Entwicklung der Welpen auswirken. Hyperaktivität, mangelnde emotionale Kontrolle, Einschränkungen der Lernfähigkeit sind hierbei keine Seltenheit.
Bei den Einflüssen der Hormone spielt auch der Testosteroneinfluss auf die spätere Entwicklung und das Verhalten der Hunde eine entscheidende Rolle. Mehrere Studien - auch an anderen Tierarten - zeigen, dass sich eine erhöhte Testosteronkonzentration bei weiblichen Tieren vor oder während der Geburt auf die Welpen auswirkt. Diese Tiere zeigen später ein ausgeprägteres männliches Verhalten (wie etwa stärkeres Markierverhalten oder Territorialverhalten) als weibliche Tiere. Tiere, die unter größerem Testosteroneinfluss standen werden auch gerne als „Rüdinnen“ bezeichnet. Hierfür wird unter anderem als Grund die Lage der weiblichen Welpen im Mutterleib angesehen. Rüdinnen lagen beispielsweise des Öfteren im Uterus zwischen zwei Rüden.
Zusammengefasst lässt sich nun festhalten, dass neben der Genetik die pränatale Phase wesentlich zur gesunden Entwicklung eines Hundes beiträgt. Im nächsten Teil der Textreihe befassen wir uns mit der Geburt, der postnatalen Phase und dem Wachstum des Welpen.
*gesunde Ernährung/Fütterung des Hundes im Teil IV der Textreihe „Der gesunde Hund“