„Wenn die Augen blind sind, muss man mit dem Herzen suchen“ (Der kleine Prinz)
Wenn der eigene Hund erblindet oder man erwägt, einen blinden Vierbeiner zu adoptieren, stellen sich Unsicherheit und Fragen auf der Menschenseite ein. Wird das Tier je (wieder) frei laufen können? Wie erkennt es Hindernisse, ohne diese zu sehen? Wie werden andere Hunde auf es reagieren?
In jedem Fall bedarf es einer nötigen Anpassung an die neuen Anforderungen und Herausforderungen. Die Eingewöhnung kann einige Monate dauern. Wichtig ist, dass Sie Ihren Hund genau beobachten und lernen, ihn neu zu lesen. Wie verändert sich die Körpersprache, wo fühlt er sich wohl, welche Plätze meidet er und wo hält er sich gerne auf?
Ein essenzieller Teil Ihrer Unterstützung ist Ihre eigene psychische Verfassung. Je mehr Sie dem Tier vermitteln, dass es sicher aufgehoben und nichts dabei ist, (plötzlich) schlechter zu sehen, desto weniger ängstlich wird es auch im Alltag sein.
Zu Hause empfiehlt es sich, sogenannte „Landkarten“ für den Hund zu generieren. Teppiche oder auch bestimmte Gerüche können unter anderem eine gute Orientierungshilfe bieten, um dem Hund anzudeuten, in welchem Raum er sich gerade befindet. Zudem gilt es, auf offene Türen und Möbelkanten zu achten. Es muss sichergestellt sein, dass der Hund nirgends anlaufen und sich dabei verletzen kann. Wenn Sie auch nur die kleinste Veränderung im Haus vornehmen, also zum Beispiel einen neuen Schrank kaufen, zeigen Sie Ihrem Schützling diese Stelle so bald wie möglich. Nachdem Ihr Tier sich jetzt vermehrt auf seinen Hörsinn verlassen muss, ist es eine gute Idee, das zu Hause akustisch eher ruhig zu gestalten. Sprechen Sie den Hund an, bevor Sie ihn streicheln oder anderweitig mit ihm kommunizieren oder arbeiten wollen. Dies schützt vor Schreckreaktionen und deren unerwünschten Begleiterscheinungen. Lassen Sie sich nicht entmutigen, sollte Ihr Hund anfänglich nicht mehr so gerne gestreichelt werden. Die Umstellung der Sinnesleistungen ist eine extreme körperliche Erfahrung, manche Hunde empfinden stärkeres Kraulen und Massagen als angenehmer, als leichte Berührungen. Kauartikel können ebenso der Entspannung zuträglich sein, wie das Hören von beruhigender Musik.
Lebt Ihr Hund bereits im Familienverband mit anderen Hunden, wird es wichtig sein, auch den übrigen Vierbeinern Zeit für die veränderte Kommunikation zu geben. Ein blinder Hund kann häufiger starr blicken, anderen Hunden irrtümlich auf die Pfoten steigen oder sich einem bereits belegten Körbchen annähern. Für genügend Bewegungsraum, Auszeitplätze und reichlich gerecht aufgeteilter Zuneigung muss gesorgt werden, damit es nicht zu Eifersuchtsszenen kommt.
Ebenfalls grundlegend bei jeder Art der Behinderung ist das Einüben von sogenannten Sicherheitssignalen. Mit Ihrem Hund im Freilauf unterwegs sind Herankomm- und Stoppsignale unerlässlich. Prinzipiell können Sie Ihren Hund mit Klopfsignalen auf den eigenen Schenkel unterstützen und ihn auf diese Weise bei der Richtungsfindung unterstützen. Hilfreich ist es ebenfalls, nahende Hunde, Menschen und eventuell auch Fahrräder oder andere Vehikel stimmlich anzukündigen – etwa mit einem freundlichen und ruhigen „Hund“ oder „Auto“. Legen Sie Fährten, veranstalten Sie Suchspiele ... der Hund freut sich über Nasenarbeit jeglicher Art und wird dadurch ideal ausgelastet. Wer nicht sehen kann, riecht umso besser.
Als Halter eines solchen Hundes werden Sie selbst lernen, Ihre Augen überall zu haben. Was am Anfang sehr anstrengen wirkt, wird für Sie aber bestimmt schon bald zur Selbstverständlichkeit. Sie werden staunen, was mit sehbeeinträchtigten Hunden alles möglich ist.