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Silvester kommt bestimmt

und auch noch schneller als gedacht!

Jedes Jahr zwischen Weihnachten und Silvester laufen die Telefone heiß. Besorgte HundehalterInnen fragen an, wie sie ihren Hund vernünftig über den Jahreswechsel bringen. Das hat mir eine befreundete Tierärztin erzählt. Ein bisschen spät ist es halt!
 
So ganz kann ich es nicht verstehen, warum man beinahe ein Jahr lang verdrängen kann, dass der eigene Hund furchtbar arm ist, wenn rundherum Silvester gefeiert wird. Aber bitte, immerhin wird es dann doch noch Thema. Allerdings sind die Möglichkeiten so kurz vor Tag X schon deutlich eingeschränkt.

 

Daher gleich am Anfang dieses Textes meine Bitte:

 

warten Sie nicht!

Fangen Sie jetzt an, wenn ihr Hund den Jahreswechsel 2023/2024 besser bewältigen soll als den oder die vorhergehenden. Und auch wenn sie einen jungen Hund haben, von dem Sie noch gar nicht wissen, wie er die Knallerei reagiert, sollten Sie spätestens jetzt beginnen, ihn darauf vorzubereiten. Es gibt eine ganze Menge, was Sie tun können. Ein paar Punkte habe ich hier für Sie gesammelt.

 

Entspannungsrituale

Bauen Sie gemeinsam mit Ihrem Hund Entspannungsrituale auf. Vielleicht haben Sie bereits von der konditionierten Entspannung gehört oder sogar schon einmal damit angefangen. Viele KollegInnen empfehlen sie ihren KundInnen. Vielleicht ist Ihnen das isometrische Halten bekannt, mit dem Sie Ihren Hund aktiv unterstützen können, auch bei Angst und Aufregung „bei sich“ zu bleiben. Es ist gar nicht schwer, das aufzubauen, allerdings braucht es Zeit und vor allen Dingen, Sie müssen einfach dranbleiben.

 

sicherheitszone

Gut mit den Entspannungsritualen verbinden lässt sich eine Sicherheitszone. Der persönliche Wellnessbereich Ihres Hundes, an dem es immer gut und sicher ist.

 

Viele Hunde suchen zuhause von sich aus, einen speziellen Bereich der Wohnung auf, wenn es knallt und scheppert. In vielen Fällen ist das ein innenliegender Raum ohne Fenster (zum Beispiel das Badezimmer). Andere Hunde verstecken sich unter Möbeln oder gar im Kleiderschrank. Auf diese Weise verschafft sich der Hund etwas Erleichterung in einer schwierigen Situation. Diese Strategie lässt sich kultivieren, indem Sie Ihrem Hund bewusst einen solchen Bereich anbieten oder zugänglich machen.

Einer meiner Hunde hat sich bei Gewitter oder Feuerwerk auf die Toilette zurückgezogen. Ein winzig kleiner Raum ohne Fenster, im Grunde viel zu klein für ihn. Anfangs habe ich es nicht verstanden. Später habe ich bei diesen Gelegenheiten das Klo mit seiner Decke, Trinkwasser (mit Notfalltropfen) und einer feinen Kausache ausgestattet und nicht mehr versucht, ihn davon abzuhalten, sich dort zu verkriechen.

 

 

Geräuschtraining

Beim Geräuschtraining geht es einerseits um Desensibilisierung und andererseits um Gegenkonditionierung. Bei der Desensibilisierung wird der Hund zum Beispiel mit Hilfe von Geräusch-CDs in sehr, sehr kleinen Schritten mit dem Geräusch vertraut gemacht. Dabei sollten Sie wirklich sehr vorsichtig vorgehen und den Hund keinesfalls überfordern. Am besten lassen Sie sich von einer kompetenten TrainerIn die Vorgangsweise gut erklären.

Bei der Gegenkonditionierung versehen wir das Geräusch quasi mit einer neuen Information, indem wir eine positive Verknüpfung zwischen dem angstauslösenden Reiz (dem Geräusch) und einer angenehmen Erfahrung (Superüberdrüberfutter) erzeugen. Auch diese Gegenkonditionierung sollten Sie unter Anleitung einer guten Trainerin, eines guten Trainers, vornehmen und sich wirklich Zeit dabei lassen. Gehen Sie zu schnell voran und der Hund erschreckt sich erneut, dann richten Sie womöglich mehr Schaden an als Sie Nutzen haben.

 

 

Die „Ich-bin-ein-Held-Übung“

Sie wissen bestimmt, was ich meine: diese eine Übung, dieser besondere Trick, bei dem Ihr Hund Sie so richtig anstrahlt. „Ich bin ein Held! Juhu! Schau, was ich kann! Schau, wie toll ich bin!“ Eine solche Übung ist eine wirklich wundertätige Unterstützung in schwierigen Momenten. Wir kennen es von uns selbst: wenn wir panisch sind oder so richtig sauer, dann können wir keinen klaren Gedanken mehr fassen. Was uns da heraushelfen kann, sind richtig gut etablierte und oft geübte Verhaltensweisen, die sozusagen von selbst ablaufen – ohne großes Nachdenken.  Auch für Ihren Hund ist es hilfreich, wenn er in schwierigen Situationen auf bewährte Abläufe zurückgreifen kann – gerne unter Ihrer Anleitung. Und wenn dann noch das Gefühl mitschwingt, „Ich bin ein Held!“, dann macht so ein Trick, so eine Übung so richtig Mut!
Vielleicht haben Sie den geeigneten Mutmach-Trick ohnehin schon in Ihrem Repertoire, den Sie auch in schwierigen Situationen erfolgreich abfragen können. Idealerweise ist er einfach, für Ihren Hund mit wenig Aufwand verbunden und mit ganz vielen angenehmen Emotionen verknüpft. Diese guten Gefühle erreichen Sie über viele, einfache und lustige Wiederholungen der Übung in heiterer Stimmung, angenehmem Setting, mit viel Zuspruch und situationsgerechter Belohnung.


Wenn Ihnen nicht einfällt, was Sie als mutmachenden Trick verwenden können, dann empfehle ich den Handtouch, das Handtarget. Das ist eine kleine feine Übung, einfach auszuführen, mit viel Lob und Leckerchen verbunden und in fast jeder Lebenslage abrufbar.

 

Unterstützung durch ätherische Öle

Vielleicht ist Ihnen von der konditionierten Entspannung die Verbindung mit dem Entspannungsgeruch bereits bekannt. Die Erinnerung, das Gedächtnis, ist eng mit Gerüchen verknüpft. Gerüche, die mit bestimmten Situationen Erlebnissen und Gefühlen verbunden sind, aktivieren diese Gefühle in Sekundenschnelle. Ein bestimmter Geruch, der immer in Kombination mit Wohlgefühl, Sicherheit und Entspannung erlebt wurde, kann in schwierigen Situationen eine wunderbare Unterstützung sein. Bitte achten Sie unbedingt auf Bioqualität und darauf, ob Ihr Hund diesen Geruch auch wirklich mag. Ihnen soll der Duft natürlich ebenfalls angenehm sein ;).
 
Auch andere energetische Möglichkeiten bieten sich zur Begleitung über den Jahreswechsel an. Bitte überlegen Sie schon jetzt im Herbst, was und wie Sie es anwenden möchten. Einerseits, damit Sie alles griffbereit haben, und andererseits, um es beizeiten auszuprobieren und als Ritual einzuführen. Als Stichworte gebe ich hier: Farben und Farblicht, Edelsteine und vor allem Bachblüten-, Chakrablüten oder andere Essenzen. Eine individuelle Zusammenstellung ist auf jeden Fall  vorzuziehen, aber auch die Notfallmischung nach Dr. Bach bewährt sich immer wieder gut.

 

Berührungen

Nicht alle Hunde wollen berührt werden, wenn sie Angst haben oder sich nicht wohl fühlen. Beobachten Sie Ihren vierbeinigen Freund gut, ob und wann er Ihre Berührung schätzt, wie aktiv diese sein darf und wo sie besonders erwünscht ist. Aufdrängen sollten Sie Berührung keinesfalls, anbieten gerne.

 

Abgesehen von gewissen Wohlfühlberührungen möchte ich hier auch auf den Tellington Touch verweisen, mit dem Sie ihrem Hund in jedem  Fall Gutes tun. Aus dem Tellington Touch kommen auch die Körperbänder, die bei Angst und Unruhe gute Dienste leisten.

 

Thundershirt, Calming Caps und Ohrenschützer

Sollten Sie sich für derartige Hilfsmittel entscheiden, dann planen Sie bitte ausreichend Zeit ein, Ihren Hund in kleinen Schritten daran zu gewöhnen. Bitte nicht einfach anziehen oder überstülpen. Damit sorgen Sie eher für ungute Gefühle als für Entspannung. Und immer bedenken, es ist nicht alles für jeden Hund geeignet. Wenn Ihr Bauchgefühl Ihnen sagt, dass diese oder jene Maßnahme für Ihren Hund nicht die richtige ist, sollten Sie darauf hören.

 

Medizin und Pharma

Abgesehen von frei erhältlichen Pheromonprodukten wie Adaptil und dergleichen, gibt es auch die Möglichkeit, den Hund mit Medikamenten zu unterstützen. Bitte sprechen Sie sich bereits jetzt mit der TierärztIn Ihres Vertrauens ab. Lassen Sie sich die Wirkungsweise der Medikamente gut erklären, denn es gibt da große Unterschiede, ob das Medikament beispielsweise angsthemmend, stimmungsaufhellend oder lediglich reaktionshemmend wirkt. Und machen Sie zumindest eine Generalprobe, um zu sehen, ob und wie Ihr Hund darauf anspricht.


Weitere Stichworte an dieser Stelle sind CBD-Öl und Mykotherapie, deren Einsatz ebenfalls längerfristig sein muss.

 

Ernährung

Eigens zusammengestellte Kräutermischungen und andere Nahrungsergänzungsmittel wie spezielle Aminosäuren werden im Normalfall über einen längeren Zeitraum verabreicht. Auch die Nahrung selbst könnten Sie über den Advent und die Weihnachtszeit nach speziellen Kriterien zusammenstellen, wobei ich empfehle, den Rat einer kundigen Ernährungsberaterin in Anspruch zu nehmen. Es gibt verschiedene Modelle, zum Beispiel nach TCM-Vorgaben oder mit bestimmten Abständen zwischen Proteinmahlzeit und Kohlehydratmahlzeit. Alles das muss in Ihrem Leben machbar sein und Ihrem Hund guttun. Also auch hier wohl überlegen und rechtzeitig einen Probedurchgang starten.

 

Relaxodog

Dieses kleine Gerät, das als Soundmodul bezeichnet wird, ist seit einigen Jahren auf dem Markt und leistet mitunter Erstaunliches. Bei einem meiner Hunde half es, mit Gewitterangst besser fertigzuwerden, auch rund um Silvester gibt es viele Erfolgsberichte, sodass es sich wirklich lohnt, über die Anschaffung nachzudenken.
 

Management und Abläufe

Wenn Sie regelmäßige Gassizeiten haben, die voraussichtlich in den Weihnachtsferien und am Silvestertag knallfreudiger Zeitgenossen wegen verschoben werden müssen, dann gewöhnen Sie Ihren Hund bereits jetzt daran, gelegentlich auch wesentlich früher oder später rauszugehen.

 

Auch geplante Managementmaßnahmen wie dicht geschlossene Rolläden und laute Opernmusik bitte nicht erst an Silvester ausprobieren, sondern in den nächsten Wochen immer wieder einmal in Ihren Alltag einbauen. 

 

Wenn Sie planen, den Jahreswechsel ohne Hund zu verbringen und diesen derweil der Obhut einer vertrauenswürdigen Person zu übergeben, sind ebenfalls Probeläufe angesagt. Hie und da ein Stündchen, einen Nachmittag oder Abend und dann auch über Nacht, damit auch das zur Gewohnheit wird. Stellen Sie außerdem sicher, dass Ihr Hundesitter auch weiß, wie er/sie mit einem Hund umgeht, der Angst hat und womöglich ganz außer sich ist.

 

Und bitte bestehen Sie nachdrücklich darauf, dass in diesen Tagen oder Stunden keinesfalls Freilauf angesagt ist. Die Leine bleibt auf jeden Fall dran!

 

Trösten – unbedingt erwünscht!

Erlauben Sie mir zum Abschluss noch ein paar Worte zum Thema Trösten. Immer wieder ist, auch noch im Jahr 2023, zu lesen, dass man die Angst nicht zur Kenntnis nehmen darf, weil man sie sonst verstärkt. „Ignorieren Sie Ihren Hund, wenn er Angst hat!“ heißt es da, oder sogar „Schicken Sie ihn weg, wenn er Schutz sucht!“

 

Bitte vergessen Sie das ein für alle Mal.


Sie sind das wichtigste Gegenüber Ihres Hundes, der Nabel seiner Welt, sein Fixstern am Firmament. Es ist Ihre – verzeihen Sie mir die Wortwahl – verdammte Pflicht und Schuldigkeit, ihm Ihre Unterstützung zu geben, wenn er sie braucht. Und, wenn er Angst hat, dann braucht er sie – ganz dringend sogar.

 

Den Hund in seiner Not alleinzulassen, zu ignorieren und ihn zurückzuweisen, wäre ein grober Vertrauensbruch, der die Qualität Ihrer Beziehung nachhaltig verschlechtert. Was nützt denn eine Bezugsperson, die nicht erreichbar ist, wenn man sie braucht?

 

 

Angst hat nichts mit „Schlimmsein“ zu tun oder mit „nicht gehorchen“ zu tun. Angst ist eine Emotion, die einen überfällt und überschwemmt, egal ob man Mensch oder Hund ist. Angst wird durch Beistand, durch Zuwendung, Leckerchen und liebevolle Berührung nicht mehr und nicht größer.


Also seien Sie für Ihren Hund da, erweisen Sie sich als vertrauenswürdige Bezugsperson und stellen Sie Ihre Führungsqualitäten durch Vorsorge und Fürsorge unter Beweis. Und – nutzen Sie die Zeit und fangen Sie JETZT an!


Denn der nächste Jahreswechsel kommt bestimmt.

 

Alles Gute und viele schöne gemeinsame Momente

wünscht Ihnen und euch

 

 

Fotos: Karin Immler, pixabay

Anmerkung der VÖHT:

Die Blogtexte geben die individuelle Meinung und Herangehensweise der Autorin, des Autors wieder.